Fundraising wird oft mit dem Bild verbunden, eine Handvoll finanzkräftiger Fördererinnen und Förderer könne ein Finanzloch schnell stopfen. Doch Fundraising bedarf gründlicher Planung und systematischer Umsetzung.
Angefangen mit einem überzeugendem, motivierendem Fundraising-Ziel und der realistischen Planung von Förderbedarfen bzw. Förderprojekten gilt es, potenzielle Geberinnen und Geber gründlich zu identifizieren und mit einer passgenauen Strategie anzusprechen.
Das erfolgreiche Einwerben von Spenden, Zustiftungen o.ä. ist folglich an gewisse Voraussetzungen und Rahmenbedingungen geknüpft. Insbesondere muss die Führungsebene einer gemeinnützigen Organisation von der Bedeutung eines systematischen Fundraisings überzeugt sein und sich aktiv daran beteiligen wollen. Demensprechend bedarf es auch an einer Hochschule für Fundraising professionelle Managementstrukturen.
Aktuelle Diskussionen und Erhebungen aus dem deutschsprachigen Raum zeigen, dass diese organisationsinterne Bereitschaft (Institutional Readiness) bei vielen gemeinnützigen Organisationen bislang (noch) nicht bzw. noch nicht ausreichend vorhanden ist.
Laut unserer Erfahrung sind an vielen Hochschulen zwar Elemente einzelner oben genannter Voraussetzungen und Rahmenbedingungenvorhanden, jedoch reicht dies noch nicht aus, um eine breite Akzeptanz für das Fundraising zu erlangen.
Folglich gilt es grundsätzlich zunächst in allen Bereichen zu prüfen, an welchem Punkt die jeweilige Institution steht, um daraus Maßnahmen entwickeln zu können, die institutionelles Fundraising voranbringen.
Vorbehalte gegenüber einer eigenen Fundraisingnotwendigkeit
Die o.g. Schritte helfen zudem, herausfinden zu können, weshalb Fundraising bislang noch nicht genutzt bzw. verankert wurde. Denn dies hat im gemeinnützigen Sektor unterschiedliche Gründe.
Der Bundesverband Deutscher Stiftungen, mit über 4.400 Mitglieder (Stand 2019) der größte und älteste Stiftungsverband in Europa, hat sich beispielsweise 2016 in einem Stiftungsfokus zum Thema „Fundraising von Stiftungen“ damit beschäftigt:
„Mehr als die Hälfte der Stiftungen, die kein Fundraising betreiben, nennt als Grund dafür eine fehlende organisationsinterne Bereitschaft, die sogenannte Institutional Readiness. (…) Das betrifft vor allem Förderstiftungen, von denen über die Hälfte noch kein Fundraising betreibt. In dieser Gruppe nennen 60 Prozent das Fehlen der Institutional Readiness als Ursache. Folglich kann die Anzahl der fundraisenden Stiftungen in Zukunft ansteigen. Eine unabdingbare Grundlage für erfolgreiches Fundraising ist das Vorhandensein eines Leitbildes: 70,9 Prozent (n=203) der Stiftungen im StiftungsPanel haben eins.“
Zu den Vorbehalten gegenüber dem Einsatz von Fundraising werden neben „zu kostspielig“ auch der Zeitaufwand und die eigenen als ausreichend vorhandenen Mittel gezählt.
Institutional Readiness wird von über der Hälfte der befragten Stiftungen als Hauptgrund angegeben. Manche Stiftungen meinen, Fundraising eigne sich nicht für sie. Das schlägt sich in Aussagen nieder wie „Fundraising passt nicht zum Profil der Stiftung“, „Fundraising bietet sich für den Stiftungszweck nicht an“ und „Tun nichts Bedeutendes, das sich Fundraisingfreundlich aufbereiten ließe“.
Auch im Hochschulbereich ist die Bereitschaft zum Fundraising bislang wenig ausgeprägt. Wenn die Organisation im Grunde auch ohne Fundraising überlebt (z.B. Hochschule), besteht kaum Grund zur Dringlichkeit. Seit dem Abbau öffentlicher Finanzierungen ist aber auch im Hochschulbereich die Notwendigkeit eines dauerhaften, komplementären Finanzierungssegments dringlich geworden. Verschärft wird dieser Trend durch den teilweise massiven Rückgang von Eigenmitteln bzw. von bisher als sicher geglaubten anderen Zuwendungen (z.B. EU-Mittel).
Als Antwort darauf soll und kann Fundraising helfen, häufig fehlt jedoch ausreichendes Know-how, vor allem aber stehen organisationsinterne Widerstände den erforderlichen Veränderungen entgegen.
Die Fachwelt spricht von der „Institutional Readiness“ als Bedingung für erfolgreiches Fundraising. Readiness bedeutet (innere) Bereitschaft. Ohne die „emotionale und kognitive Bereitschaft“ der Organisation und ihrer Handelnden, sich voll und ganz auf die Bedingungen des Fundraisings einzulassen und sie zu schaffen, kann Fundraising nicht gelingen.
Für das Implementieren und Weiterentwickeln des jeweiligen Institutional Readiness sind insbesondere die Entwicklung von organisationsinternen Strukturen, Systemen, Prozessen und Verhaltensweisen unabdingbar. Nur so kann sich eine positive und wertschätzende Einstellung zum Fundraising innerhalb der gesamten Institution (auch top-down) etablieren.
Hierbei gilt es, organisationsinterne Strukturen, Abläufe und Beziehungen dahingehend zu optimieren, dass die Ideen und Strategien des eigenen Fundraisings verwirklicht und die gewünschten Ergebnisse erzielt werden können.
Für die Implementierung wirksamer Fundraising-Strukturen sind vielerlei Säulen notwendig, wie die Rückendeckung des Fundraisings durch die Geschäftsführung und den Vorstand, die Schnittstellenarbeit mit anderen Abteilungen, wie der Kommunikations- und Projektabteilung sowie die Anerkennung der Leistung von Fundraiserinnen und Fundraisern.
Ein Mangel an Anerkennung kann durch die Vorbehalte entstehen, wenn Fundraising möglichst „ressourcenneutral“ betrieben werden soll. Es wird oft als halbe Stelle beispielsweise der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit untergeordnet. Doch vor allem die zeitintensive, individuelle Betreuung von Unterstützerinnen und Unterstützer („Spenderpflege“) ist für den Erfolg des Fundraisings essentiell.
Zudem sollte die Position und Schnittstellenarbeit von Fundraiserinnen und Fundraisern nicht unterschätzt werden.
Die Entwicklung einer Organisation, die auf Etablierung wirksamer Fundraising-Strukturen abzielt, muss alle Mitarbeitenden einbeziehen, sodass eine gemeinsame „innere Haltung“ und ein gemeinsames Verständnis über das Fundraising in der Organisation entsteht.
Es bedarf eines engen Zusammenspiels und guter Absprachen zwischen den Abteilungen und nicht zuletzt einer abteilungsübergeifenden Übereinkunft über die Fundraising-Ziele.
Besonders die Schnittstellenarbeit zwischen Projekt-, Kommunikations- und Fundraisingabteilung ist fundamental, da aus dieser Zusammenarbeit die Geschichten und Materialien entstehen, die potenzielle Spenderinnern und Spendern emotional ansprechen, die gesellschaftliche Relevanz der Projekte verdeutlichen und den Ausschlag für eine Spende geben.
Als vorbildliches Beispiel der deutschen Hochschullandschaft kann die „Technische Universität München“ angeführt werden. Als erste staatliche Hochschule in Deutschland überhaupt erschloss sie bereits 1999 durch systematisches Fundraising mit großem Erfolg zusätzliche Finanzierungsquellen.
2006 erreichte sie auch deshalb in ihrem Zukunftskonzept die Auszeichnung als Spitzenuniversität der „Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung der Hochschulen“.
Die TU München hat u.a. ein Nachhaltigkeitskonzept entwickelt, um einen Stifterfonds aufzubauen. Sie betont, dass „ihre Förderer gleichzeitig auch verantwortungsbewusste Vordenker und Partner sind, die ihre Vision teilen und die Zukunftsprojekte folglich nicht nur finanziell, sondern auch inhaltlich fördern.“
Wichtige Voraussetzungen dafür sind persönliche Hingabe, Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit. Ambitionierte Fundraisingziele können nur dann erreicht werden, wenn diese auch potentielle Fördererinnen und Förderer erreichen und überzeugen. Dafür müssen die Förderbedarfe überzeugend und realistisch sein und die spendensammelnde Organisation als kompetenter Partnerin wahrgenommen werden. Erst dann können sich mögliche Geldgeberinnen und Geldgeber damit identifizieren.
So hat die Technische Universität Hamburg (TUHH) durch die Förderung der Kühne-Stiftung mit der Errichtung der Kühne School of Logistics and Management (KSL) eine bedeutsame Lücke, „Logistik als Querschnittsfunktion“, gefunden und geschlossen. Das innovative Förderprojekt hat den Stifter Klaus-Michael Kühne von Beginn an überzeugt.
Die Organisation des Fundraisings innerhalb der Hochschule unterliegt drei Schlüsselelementen:
Institutional Leadership: Auf allen Ebenen müssen Führungspersönlichkeiten die Entwicklung des Fundraisings fördern und von Anfang aktiv involviert sein.
Lay Leadership: Ehrenamtliche Führungspersönlichkeiten können zudem wertvolle Schnittstellen, z.B. zu Alumni sein.
Professional development operation: Ein qualifiziertes Fundraisingbüro ist eine empfehlenswerte Investition für nachhaltiges Fundraising.
Letztlich kommt der Leitungsebene und den Vorständen eine maßgebliche Rolle für die Herstellung einer Institutional Readiness zu.
Sie verfügen oft über ein wertvolles Netzwerk zu vermögenden und einflussreichen Persönlichkeiten in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Somit kommt ihnen in Hinsicht auf diese öffentliche Wahrnehmung, aber auch organisationsintern, eine Vorbildfunktion zu.
Sie tragen die Ziele des Fundraisings mit und sie sind es, die ihre Kontakte für die erfolgreiche Arbeit der Organisation begeistern. Zudem verbinden sie die Fundraisingabteilung mit der restlichen Organisation und sorgen dafür, die Akzeptanz des Fundraisings bei den Mitarbeitenden herzustellen.
Die oben genannten Ausführungen verdeutlichen, dass eine solche systematische Weiterentwicklung von Fundraising-Strukturen nicht ohne Ressourcenaufwand in Form von Zeit, Mühen und Kosten auskommt.
Doch Effizienzgedanken, interne Reibereien, unklar abgegrenzte Aufgabenbereiche sowie die Scheu davor, (technische) Neuerungen zu implementieren und gewohntes Terrain zu verlassen, dürfen nicht zu Lasten der Spenderbindung und Beziehungspflege gehen.
Der erfolgreichen Umsetzungen der Projekte sowie der Wahrnehmung durch die Fördererinnen und Förderern zuliebe sollte daher jede Organisation den Blick auch mal nach innen richten und sich fragen: „Sind wir wirklich bereit für Fundraising?“
Dazu passend: Der Podcast ZIELFÜHRUNG, Episode #13: Institutional Readiness ist ein wichtiges Thema in den Organisationen, die Fundraising erfolgreich umsetzen möchten. Welche Herausforderungen die interne Akzeptanz von Fundraising hat, diskutiert Bud A. Willim mit seinen Gästen Michi Kaiser von der TU Wien und mit der Kollegin Laura Stanischeff.
von: Dr. Anna Punke-Dresen